Wir sprechen heute mit Birgit Horak, Managing Parterin bei Lurse, einem unabhängigen, partnergeführten Beratungsunternehmen.
Ihr Weg zur Führung
Q: Frau Horak, können Sie uns mehr über Lurse AG und Ihren Karriereweg erzählen? Wie sind Sie dorthin gekommen, wo Sie jetzt sind, und welche Hürden mussten Sie überwinden? Was oder wer hat Ihnen auf Ihrem Weg geholfen und Sie inspiriert?
Gerne. Lurse ist Beratungshaus und Lösungsanbieter für HR- und bAV-Systeme und seit 1989 am Markt. Ich bin durch eine Empfehlung eines Freundes 1992 als Consultant bei Lurse eingestiegen – damals waren wir neben dem Firmengründer Klaus Lurse drei weitere Kollegen. Seitdem hat sich Lurse rasant entwickelt, mittlerweile sind wir mehr als 130 Köpfe, Tendenz steigend und auch inhaltlich sehr viel breiter aufgestellt. Geblieben ist, dass ich auch nach fast 30 Jahren immer noch ganz viel Freude und Energie aus meiner Arbeit ziehe.
Auf meinem beruflichen Weg geholfen hat sicherlich die Tatsache, dass ich als ehemalige Leistungssportlerin einen hohen Anspruch an mich selber mitbringe und viel Ehrgeiz, verbunden mit dem Willen, mich stetig zu verbessern. Klaus Lurse, der Firmengründer, hat mich in der Weise inspiriert, dass er immer für seine Überzeugungen einstand, auch wenn diese manchmal unbequem waren, oder nicht dem Mainstream entsprachen. In Beratungsterminen trat er immer kritisch reflektierend auf, er hat „niemandem nach dem Mund geredet“, sondern für seine Überzeugungen gekämpft. Extrem wichtig waren ihm Freiheitsgrade, Eigenverantwortung und selbstbestimmtes Arbeiten, immer orientiert am Nutzen für den Kunden. Das ist auch das, was die Lurse-DNA heute noch ausmacht.
Ein wirklicher Stein wurde mir eigentlich nie in den Weg gelegt, allenfalls ein kurzes Abstecken der Kompetenzbereiche als ich Vorstand wurde und Klaus Lurse noch Mehrheitseigentümer im Aufsichtsrat war. Dafür fanden wir aber ziemlich schnell eine gute Lösung und wird sind heute nach wie vor sehr freundschaftlich verbunden.
Ich habe meine Karriere eigentlich nie geplant, sondern habe mich stets von den Dingen leiten lassen, für die ich Energie habe und an denen ich Freude habe. Ich bin mit einer positiven Grundeinstellung und einem gewissen Maß an Neugier und Mut meinen Weg gegangen.
Gender Gap in der HR-Führung
Q: In diesem Gespräch möchten wir uns auf das Streben nach einer diverseren Führung konzentrieren, insbesondere darauf, mehr Frauen in HR-Führungspositionen zu haben. Welche Tendenzen sehen Sie als Vergütungsexperte in diesem Bereich? Wie sehen Sie die aktuelle Diversity-Landschaft, vor allem in der Personalführung, und was haben Sie beobachtet?
Ich sehe die Tendenz, dass sich zunehmend mehr Unternehmen mit dem Thema Gender Diversity beschäftigen und hier anstreben, Ergebnisse zu liefern, z.B. in dem sie diese Thematik in ihren Unternehmensstrategien verankern. Jüngstes Beispiel ist der VW-Konzern, der deutlich mehr Topmanagerinnen beschäftigen will und dabei auch auf finanzielle Anreize setzt. Unsere eigenen Benchmarks zeigen übrigens, dass sich hier schon etwas getan hat in den letzten 5 Jahren und der Anteil von Frauen in Führungspositionen über verschiedene Branchen hinweg von 11 auf 13 Prozent gestiegen ist.
Für mich konzentriert sich Diversity aber nicht nur auf die Gender-Thematik, sondern es geht um die soziale, kulturelle und ethnische Vielfalt der Mitarbeiter. Letztendlich ist ein hoher Diversity-Anteil bereichernd und befruchtend für einen jeden von uns und es macht sogar ökonomisch Sinn. Es gibt Studien, die zeigen, dass diverse Teams erfolgreicher sind!
Meine Beobachtung in dem Thema ist aber auch, dass sich die Unternehmen im Bereich Gender Diversity nicht so schnell bewegen, wie es insgesamt wünschenswert wäre. Die freiwillige Selbstverpflichtung, den Anteil der Frauen in Führungspositionen auszubauen, hat nicht funktioniert, daher ist es jetzt wichtig und folgerichtig, dass von Seiten der Politik und Gesellschaft neue Wege beschritten werden. Ich halte daher Regelwerke wie das FüPoG II für richtig und wichtig, auch wenn ich mir ein Modell, das aus sich heraus funktioniert, eher gewünscht hätte.
Vielfalt in Ihrem Unternehmen entwickeln
Q: Könnten Sie bitte mitteilen, welche Strategien Sie Ihren Kunden empfehlen, um eine diversere Führung in ihren Organisationen zu entwickeln und zu fördern? Wie bereitwillig nehmen die Unternehmen diese Strategien an? Welche Nuancen und Herausforderungen beobachten Sie entlang des Prozesses?
Die Thematik steht bei unserem Beratungsansatz nicht im Fokus. Dennoch würde ich Kunden aus HR empfehlen, sich Sparringspartner zu suchen, um den Diversity-Ansatz des Unternehmens erfolgreich in die Tat umzusetzen. Hier hat insbesondere die Unternehmensführung den größten Einfluss darauf, ob das Thema erfolgreich etabliert und gelebt werden kann.
Herausforderungen durch die Pandemie
Q: Die durch COVID-19 verursachte Pandemie hatte große Auswirkungen auf viele Berufstätige und insbesondere auf Frauen, die ihre Führungsrolle mit der Elternrolle kombinieren. Es ist eine Herausforderung, produktiv zu bleiben, voll in den Entscheidungsprozess eingebunden zu sein und Kinder zu erziehen. Wie hat sich ständiges Homeoffice darauf ausgewirkt? Können Sie ein paar Gedanken dazu äußern, wie Unternehmen berufstätige Mütter in diesem Fall unterstützen können?
Ich habe derzeit den größten Respekt vor berufstätigen Müttern und vor allem vor Alleinerziehenden. Die Kinderbeschulung und alle beruflichen Themen in Einklang zu bringen ist eine riesige Herausforderung.
Die Möglichkeit des Homeoffice erleichtert für viele berufstätige Mütter sicher die Situation, auf der anderen Seite höre und erlebe ich nicht selten, zu welcher Arbeitsverdichtung das Homeoffice führt.
Mit den Auswirkungen von Homeoffice umzugehen ist für mich eher keine Frage von formalen Regelwerken, sondern vorrangig eine Frage der Unternehmenskultur. Es geht dabei m.E. um eine Haltung und Grundeinstellung gegenüber berufstätigen Müttern und auch Vätern und den Willen, diese möglichst gut zu unterstützt in ihrer spezifischen Situation.
Wichtig ist es hier als Unternehmen, Freiräume zu schaffen, Arbeitszeit zu flexibilisieren und Arbeit auf andere Köpfe umzuverteilen, um Belastungsspitzen abzufangen.
Wir machen in unserer eigenen Organisation sehr positive Erfahrungen mit Homeoffice, sorgen aber auch bei Bedarf für Entlastung.
Ganz wichtig erscheint mir, dass berufstätige Mütter ihren Ansprechpartnern in den Unternehmen vertrauen können und sich bei Sorgen und Nöten an sie wenden.
Wegbereiter für andere Frauen
Q: Zum Schluss möchten wir Sie bitten, uns ein paar Tipps zu geben: Können Sie konkrete Schritte empfehlen, die Frauen im HR-Bereich auf ihrem eigenen Weg zur Führungskraft unternehmen sollten? Welche Fähigkeiten müssen sie aufbauen, um bessere Führungskräfte zu werden?
Ich bin kein Befürworter von einer bestimmten Richtung, die Frauen einschlagen sollten, sondern empfehle im Gegenteil, den eigenen Weg zu gehen und den eigenen (Führungs-)stil zu finden und zu kultivieren.
Authentizität ist dabei für mich dabei ein ganz zentraler Begriff. Wichtig ist, dass man sich selber gut kennt, sich seiner Stärken und auch Entwicklungsfelder bewusst ist, und diese regelmäßig reflektiert, mit der Zielsetzung, sich kontinuierlich persönlich weiter zu entwickeln.
Frauen verfügen über alle Fähigkeiten, die es braucht, um eine gute Führungskraft zu werden, sie müssen sich möglicherweise nur manchmal „erlauben“, diese Fähigkeiten auch zur Geltung zu bringen. Es braucht ein wenig Mut als Frau, zu sagen, „ich möchte führen“ oder sogar „ich kann führen“. Deshalb, Mut haben, dran bleiben auch bei Gegenwind und Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten ist etwas, was ich allen Frauen, die Lust auf Führung haben, mitgeben möchte.
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